Seit über 17 Jahren hat sich Rolf Stehr mit seiner gleichnamigen Kosmetikfirma der Verbesserung und Verschönerung des Hautbildes verschrieben. Von Haus aus Drogist und Laborassistent, der in seiner über 25-jährigen Karriere vom begehrten Visagisten bis hin zum Berater von grossen Kosmetik-Konzernen alle Facetten der Branche durchlaufen hat, entwirft er die Formulierungen für seine Produkte selbst – und ist deshalb immer auf dem neuesten Stand der Forschung von biotechnologisch hergestellten Inhaltsstoffen und ihren Wirkungsweisen.
«Biotechnologisch hergestellte Kosmetik ist die perfekte Kombination aus natürlichen Ressourcen und Labor-Know-How»
«WoW»: Biotechnologische Kosmetik klingt sehr nach Chemie, Labor und künstlichen Produkten. Der Trend geht aber zu Naturkosmetik und Bio.
Rolf Stehr: Das ist heute tatsächlich der Eindruck vieler Kundinnen und Kunden, die glauben, sie hätten bei der Kosmetik nur die Wahl zwischen natürlichen und synthetischen Inhaltsstoffen. Doch ein Grossteil der Kosmetikprodukte werden heute mit biotechnologisch hergestellten Inhaltsstoffen aus ursprünglich natürlichen Stoffen hergestellt. Und sie sind der reinen Naturkosmetik in vielerlei Hinsicht überlegen!
Was versteht man denn genau unter «biotechnologisch» hergestellter Kosmetik?
Die Biotechnologie wird dazu verwendet, um bestimmte Inhaltsstoffe aus pflanzlichen Rohstoffen zu erschliessen oder natürliche pflanzliche oder tierische Stoffe gezielt und ressourcenschonend in grossen Mengen in Zell- und/oder Bakterienkulturen zu produzieren.
Und weshalb sind diese Inhaltsstoffe Ihrer Meinung nach der Naturkosmetik überlegen?
Um es sehr vereinfacht zu erklären: Die Grösse der Moleküle diverser natürlicher Inhaltsstoffe ist zu gross, um tief genug in die Haut einzudringen und dort sichtbare Verbesserungen zu bewirken. So wird zum Beispiel bei der Bio-Hyaluronsäure ein Bestandteil des Schneepilzes verwendet, dessen biochemische Struktur die oberste Hautschicht nicht durchdringen kann, im Gegensatz zur biotechnologischen Hyaluronsäure, die molekular so aufbereitet wird, dass dies gelingt.
Auch die Verträglichkeit bei der Naturkosmetik ist oftmals ein Thema. Die Kamille zum Beispiel enthält unter anderem die Pflanzenstoffe Azulen und Bisabolol.
Azulen kann leicht zu Irritationen auf der Haut führen und ist ein potenzielles Kontaktallergen. Bisabolol ist hingegen weniger allergen. Durch die biotechnologische Rohstoffgewinnung kann man einzelne Pflanzenbestandteile isolieren. Dadurch können unerwünschte Nebenwirkungen reduziert oder vermieden werden, während der Wirkungsgrad beibehalten wird.
Sie haben erwähnt, dass die biotechnologische Herstellung ressourcenschonend ist. Können Sie uns dazu ein paar Beispiele nennen?
Hyaluron durfte noch bis 1998 aus dem Kamm von Hähnen gewonnen werden. Zum Glück musste seither kein Hahn mehr dafür sein Leben lassen, vor allem wenn man bedenkt, wie viele Tonnen Hyaluron heute in der Kosmetik gebraucht werden. Das Ursprungsmaterial stammt zwar von einem Hahn, aber dieses wird inzwischen im Labor unter kontrollierten Bedingungen nachgezüchtet. Ebenso das Coenzym Q10, welches für den Energiestoffwechsel der Haut wichtig ist und noch in den 1970er-Jahren aus Rinderherzen gewonnen wurde.
Das Gleiche gilt auch für die Inhaltsstoffe von seltenen Pflanzen wie Edelweiss oder die Schweizer Apfelsorte Uttwiler Spätlauber. Es gibt zudem viele exotische Pflanzen, die in der Naturkosmetik heute sehr begehrt sind, die aber wegen dem Ansturm gar nicht in der gewünschten Menge vorhanden sind oder teilweise sogar kurz vor dem Aussterben stehen. Wenn man deren Eigenschaften biotechnologisch – und zudem näher an den Produktionsstätten – reproduzieren kann, ist dies natürlich besser für die Umwelt.
Ein weiterer Vorteil ist, dass die biotechnologische Herstellung frei von Pestiziden oder anderen Verunreinigungen und witterungsunabhängig ist, was sich nicht nur auf die gleichbleibende Qualität und Menge der Inhaltsstoffe auswirkt, sondern auch auf den Preis.
Und doch variieren die Preise von Kosmetikprodukten sehr stark von Marke zu Marke.
Um beim Beispiel von Hyaluron zu bleiben: Der Hersteller kann zwar eine gleichbleibende Qualität der Inhaltsstoffe garantieren, doch diese kann von Hersteller zu Hersteller je nach Aufwand sehr unterschiedlich sein. Nur schon beim Hyaluron können die Preise von CHF 4.38 bis 53.20 pro Kilogramm variieren. Und das schlägt sich dann auch – zusammen mit den Marketingkosten – im Produkt nieder.
Stehr Cosmetics AG
stehrcosmetics.ch/
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