von René Laemmel

Als ich kürz­lich erst­mals der zweit­gröss­ten Stadt Öster­reichs mei­ne Auf­war­tung mach­te, war ich sofort über­wäl­tigt vom Charme, den die unglaub­lich schö­ne Alt­stadt ver­sprüht. Kei­ne Hek­tik, kein Stress. Freund­li­che, auf­ge­stell­te und welt­of­fe­ne Leu­te, die wohl wis­sen, wo sie zu Hau­se sind: in der Genuss- und Kul­tur­haupt­stadt von Öster­reich. So vie­le kuli­na­ri­sche High­lights sind wahr­schein­lich nir­gends auf der Welt in einer der­art kom­pak­ten Form zu fin­den. Die Gra­zer Alt­stadt ist sicher­lich eine der schöns­ten der Welt. Ohne Zwei­fel. Die Besu­cher fah­ren in der inne­ren City kos­ten­los mit der Stras­sen­bahn. Auch ein Weltnovum.

Tat­säch­lich zwin­kert die Lan­des­haupt­stadt der Stei­er­mark jedem Besu­cher frech zu. Eine jun­ge, leben­di­ge Stadt zum stän­dig neu Ver­lie­ben. In Graz wer­den Kul­tur und Genuss gelebt, und jeder darf dar­an teil­ha­ben: Die Alt­stadt, die bereits von der UNESCO zum Welt­kul­tur­er­be gekürt wur­de und sich mit archi­tek­to­ni­schem Mut von der Mas­se abhebt, ist von Musik und Lebens­freu­de erfüllt.

Als Kul­tur­haupt­stadt hat Graz eini­ges zu bie­ten. Da ist ein­mal am Fus­se des Schloss­bergs die his­to­ri­sche Alt­stadt mit ihren Stadt­pa­lais, Kir­chen, Bür­ger­häu­sern und Reprä­sen­ta­ti­ons­bau­ten. Die Roman­tik der Renais­sance macht einen Gut­teil des süd­li­chen Flairs aus, das Ein­hei­mi­sche genau­so wie Gäs­te an die­ser Stadt so schätzen.
Doch wirk­lich typisch für Graz ist die­se Alt­stadt aus einem ganz ande­ren Grund: Immer wie­der wird das His­to­ri­sche von zeit­ge­nös­si­scher Archi­tek­tur wie dem mar­kan­ten Gra­zer Kunst­haus, dem «fri­end­ly ali­en», gebro­chen. Hier zeigt sich eine Kunst, die man in Graz traum­wand­le­risch sicher zu beherr­schen scheint: Das Ver­we­ben von Tra­di­ti­on und Moder­ne zu immer stil­si­cher kom­po­nier­tem Neu­en. So zeigt sich die Stadt in allen kul­tu­rel­len Aspek­ten leben­dig und bestän­dig in Bewe­gung; nicht nur in der Archi­tek­tur, son­dern auch in Musik, Thea­ter, Lite­ra­tur, Design und bil­den­der Kunst. Die gröss­te Büh­ne, auf der die Gra­ze­rin­nen und Gra­zer ihr Leben insze­nie­ren, ist das his­to­ri­sche Zen­trum mit sei­nem Renais­sance-Kern, der auch in das Welt­kul­tur­er­be auf­ge­nom­men wurde.

Einen spe­zi­el­len Blick auf Graz ermög­licht der Schloss­berg. Auf dem Weg nach
oben gewinnt man stän­dig neue, ver­än­der­te Aus­bli­cke auf die fas­zi­nie­ren­de, nahe­zu durch­wegs zie­gel­ge­deck­te Dach­land­schaft der Altstadt.

Dabei ist der Berg, der rund 200 Meter über Graz auf­ragt, nicht nur Aus­sichts­platt­form, son­dern auch Rosen­gar­ten, Wein­berg, Frei­licht­büh­ne und kuli­na­ri­scher Treff­punkt mit Win­zer­haus, Restau­rant, Bar und Café. Mit dem Uhr­turm als Gra­zer Wahr­zei­chen, dem Glo­cken­turm Liesl, den Kase­mat­ten und der Schloss­berg­bas­tei ist der Berg auch ein weit­hin sicht­ba­rer Teil der Gra­zer Stadtarchitektur.

Das Gra­zer Umland ist von klein struk­tu­rier­ter Land­wirt­schaft und intak­ten Natur­räu­men geprägt, die Lebens­mit­tel aller­höchs­ter Qua­li­tät lie­fern. 15 stei­ri­sche Genuss-Regio­nen ver­sor­gen Graz mit Fleisch, Fisch, Obst und Gemü­se und machen die Stadt zu einer Genuss­haupt­stadt ers­ten Ran­ges. Damit ist der Besuch von Graz auch immer ein kuli­na­ri­sches, stark sai­so­nal gepräg­tes Erlebnis.

Durch die Kom­bi­na­ti­on aus Lebens­qua­li­tät, uni­ver­si­tä­rer und unter­neh­me­ri­scher Inno­va­ti­ons­kraft sowie Kul­tur ent­wi­ckel­te sich in Graz zu einem frucht­ba­ren Nähr­bo­den der soge­nann­ten «Crea­ti­ve Indus­tries», also jenem Wirt­schafts­sek­tor, der den täg­li­chen Erfin­dungs­pro­zess von Gesell­schaft und Unter­neh­men in Gang hält. Mit der Grün­dung der Crea­ti­ve Indus­tries Sty­ria wur­de eine Impuls­ge­be­rin, Koor­di­na­to­rin und Ver­net­ze­rin ins Leben geru­fen, um Graz zu einem «Hot Spot» für krea­ti­ve Talen­te zu entwickeln.

Graz hat sich 2009 bei der UNESCO als «City of Design» bewor­ben und woll­te damit Teil eines Crea­ti­ve Cities Net­works wer­den, dem auch Ber­lin, Bue­nos Aires, Kobe, Mont­re­al, Nago­ya, Shen­zhen und Schang­hai ange­hö­ren. Das mutet bei einer rela­tiv klei­nen Stadt wie Graz auf den ers­ten Blick selt­sam an. Da es aber bei Design ganz offen­sicht­lich nicht um Quan­ti­tät, son­dern um Qua­li­tät geht, spielt statt der Grös­se der Stadt das Kli­ma, in dem Design ent­ste­hen kann, die ent­schei­den­de Rol­le. Die­se Qua­li­tät lässt sich sogar in Zah­len aus­drü­cken: 20 Muse­en, 24 Gale­rien, 20 Fes­ti­vals, vier Uni­ver­si­tä­ten und zwei Fach­hoch­schu­len mit Stu­di­en­gän­gen wie Indus­tri­al Design, Infor­ma­ti­ons­de­sign, Media and Inter­ac­tion Design sowie Aus­stel­lungs- und Muse­ums­de­sign tra­gen so viel zur Gestal­tungs­kraft in der Stadt bei, dass 12,5 Pro­zent der Gesamt­be­schäf­tig­ten der Krea­tiv­wirt­schaft zuge­rech­net wer­den. Seit März 2011 ist Graz nun City of Design und ein Teil des inter­na­tio­na­len Netzwerkes.

Das krea­ti­ve Poten­zi­al der Stadt erlebt man als Besu­cher auch bei jedem Innen­stadt­bum­mel. Natür­lich sind auch in den Gra­zer Ein­kaufs­stras­sen die Shops aller inter­na­tio­na­ler Mar­ken zu fin­den, aber es sind doch die vie­len klei­nen Läden, die den Charme von Graz als Ein­kaufs­stadt aus­ma­chen: Klei­ne Design­lä­den rund um Mode, Schmuck, Hand­werk, Kunst­hand­werk und aller­lei Krims­krams erobern nicht nur die Umge­bung des Kunsthauses.

Seit jeher ist die ers­te Adres­se zum Fla­nie­ren und Shop­pen wohl die Her­ren­gas­se. Sie ver­bin­det den Haupt­platz mit dem Platz Am Eiser­nen Tor und dem Jako­mi­ni­platz, dem Zen­trum des öffent­li­chen Ver­kehrs in Graz. Alle Gra­zer Stras­sen­bah­nen, von den Ein­hei­mi­schen lie­be­voll «Bim» genannt, fah­ren übri­gens durch die Her­ren­gas­se. Oft beher­ber­gen hier pracht­vol­le baro­cke Gebäu­de moder­ne sty­li­sche Geschäf­te, wo man fin­det, was das Herz begehrt: modi­sches Schuh­werk von Huma­nic, Sala­man­der und Stie­fel­kö­nig, Uhren und Schmuck von Weik­hard oder Schul­lin, Kos­me­ti­ka von Dou­glas, Mari­on­naud, Näge­le & Stru­bell, Body Shop oder Lush, Haus­halts­ar­ti­kel und Geschirr von Klam­merth, Tex­ti­li­en von H&M, Orsay, Pim­kie oder Tal­ly Wei­jl, Acces­soires von Lie­bes­kind Ber­lin bis hin zu Mon­so­on Acces­so­ri­ze, Mar­ken­mo­de von Vogue, Benet­ton, Vero Moda, Man­go, Zara oder Jones bis hin zu Ste­fa­nel und vie­les mehr. Am Gra­zer Haupt­platz führt kein Weg vor­bei – ein Shop­ping-Cen­ter unter frei­em Him­mel. Aber bei all den ein­la­den­den Geschäf­ten und Schau­fens­tern darf man kei­nes­falls ver­ges­sen, einen Blick auf die wun­der­schö­nen Haus­fas­sa­den in unter­schied­li­chen Bau­sti­len zu wer­fen. Von hier aus gehts in allen Rich­tun­gen in klei­ne­re Stras­sen und Gäss­chen, in wel­chen es oft Uner­war­te­tes zu ent­de­cken gibt. In der Kunst-Mei­le Sack­stras­se ist der Name Pro­gramm: Anti­qui­tä­ten­ge­schäf­te, Gale­rien, Schmuck­ge­schäf­te, Werk­stät­ten, Muse­en und Ate­liers, moder­ne und anti­ke Kunst, Volks- und feins­te Handwerkskunst.

Der Fluss, die Mur, hat der Stadt eine zusätz­li­che Eta­ge geschaf­fen. Weil sich der leb­haf­te Fluss in sei­nem Bett immer tie­fer ein­gräbt, fol­gen ihm die Gra­zer ein­fach. Bau­en eine natur­na­he Ufer­pro­me­na­de. Stel­len eine schwim­men­de Insel aus Stahl ins Was­ser. Und genies­sen auf dem muschel­för­mi­gen Gebil­de nicht nur ihren Kaf­fee, son­dern auch eine gewis­se Abge­schie­den­heit. – Ein Insel­da­sein eben.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen unter:
Tel. +43 316 80750
www.graztourismus.at

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